Fast heimlich rollten heute mehr als zwanzig der wertvollsten Fahrzeuge auf den Osnabrücker Marktplatz, die in den dreißiger Jahren in Deutschland gebaut wurden: Der HORCH Club e.V. besuchte am Freitagmittag die Friedensstadt Osnabrück. Während die Fahrer/innen das historische Rathaus und die Altstadt erkundeten, wurden von Passanten die Smartphones und Kameras hervorgeholt. Fast schon ehrfürchtig bewunderten sie die Limousinen und Cabriolets, die chromblitzend auf dem Marktplatz standen. „Warum baut man heute so hässliche Autos?“, wurde Organisator Klaus Kramer, gleichzeitig Vorsitzender des HORCH Club e.V., von der Zehntklässlerin Julia gefragt, die begeistert Fotos von den automobilen Schönheiten machte. Stilgerecht gekleidet, erzählte er von den Fahrzeugen im Vergleich zu modernen Autos oder was bei einer Restauration eines seltenen Oldtimers zu beachten ist. Gleich mit zwei herrlichen Fahrzeugen war er vertreten, u.a. mit einem 830 Pullman aus dem Jahr 1939, einem ehemaligen Taxi, an das die noch vorhandene Trennscheibe erinnert.
Natürlich nutzte ich ebenfalls die – vorgezogene – Mittagspause, um mit der Kamera bewaffnet den Marktplatz aufzusuchen. Einen herrlichen Anblick boten die herrschaftlichen Fahrzeuge vor der Kulisse des Marktplatzes mit Rathaus, Marienkirche und den Giebelhäusern. Nur das Gerüst mit den Planen an der Seitenwand des Rathauses störte. Viele Cabriolets waren zu sehen, sie trugen elegante Karosserien nicht nur von Horch, sondern z.B. auch von Voll & Ruhrbeck oder Gläser. Schnell ins Auge fiel ein Coupé mit einem flach abfallenden Heck: Ein Horch 830 Sportcoupé von 1933. Diese Sportcoupés wurden von Horch speziell für die Deutschlandfahrt im Jahr 1933 und 1934 gebaut, bei der nonstop 2.000 Kilometer quer durch das damalige deutsche Reich zurückgelegt werden musste. Bei diesem Fahrzeug handelte es sich jedoch nicht um ein Originalfahrzeug, sondern um einen beeindruckenden Nachbau.
Fehlen durften bei einer solchen Veranstaltung natürlich auch nicht Conrad Engel und Hubertus Menke vom Oldtimer Center Osnabrück. Sie sind nicht nur Horchfahrer, sondern gelten auch weltweit als Spezialisten, wenn es um die Restaurierung, Reparatur und Wartung von Horch-Klassikern geht.
Nach der Mittagsrast in Osnabrück ging es dann wieder weiter zur entspannten Ausfahrt durch den Landkreis Osnabrück. Dort wartete an diesem Wochenende u. a. noch das Tuchmachermuseum in Bramsche auf die angereisten Horch-Fahrer/innen. Vielleicht „verirrt“ sich der eine oder andere Teilnehmer am Sonntag auch noch zum Museum Industriekultur in Osnabrück. Dort findet das monatliche Oldtimertreffen der Oldtimer IG Osnabrück e.V. statt.
Am 10. Mai 1904 wurde in Zwickau die „August Horch & Cie. Motorenwagenwerke AG“ in das dortige Handelsregister eingetragen. Gegründet wurde die Firma von August Horch, der jedoch bereits 1909 nach Streitigkeiten mit dem Finanzvorstand das Unternehmen verließ und die „August Horch Automobilwerke GmbH gründete. Nach einem Rechtsstreit musste er die Firma umbenennen – in „Audi“ – die lateinische Übersetzung von „horch!“
1926 stellte die Firma Horch mit dem Modell 12/60 PS (Typ 303) das erste deutsche Serienfahrzeug mit einem Achtzylindermotor vor. 1931 wurde der mit einem Zwölfzylindermotor ausgestattet Horch 670 vorgestellt. In den 1930er Jahren waren Horch-Automobile die meistverkauften Fahrzeuge der Oberklasse im Deutschen Reich, noch vor Mercedes- oder Maybach-Wagen. 1932 erfolgte der Zusammenschluss mit Audi, DKW und der Autosparte von Wanderer zur Auto Union AG.
In der Nachkriegszeit wurde das Unternehmen zwangsenteignet und nahm unter dem Namen „VEB HORCH Kraftfahrzeug- und Motorenwerke Zwickau“ die Produktion von zunächst Traktoren und Lastkraftwagen auf, ab 1954 kam das Oberklasse-Fahrzeug Sachsenring P 240 auf den Markt. 1957 verschwand der Name Horch, die Firma hieß nun „VEB Sachsenring Kraftfahrzeug- und Motorenwerke Zwickau“.