Seit Jahren steht sie ganz oben auf meiner Liste der Oldtimersammlungen und –museen, die ich besuchen möchte – so wie es sich für einen Liebhaber klassischer Volkswagen gehört: Die VW-/Rometsch-/Porsche-Sammlung von Traugott und Christian Grundmann in Hessisch Oldendorf. Doch es ist nicht ganz einfach, die Sammlung zu besuchen. Sie ist kein öffentliches Museum wie das Automuseum Volkswagen in Wolfsburg, das Zylinderhaus in Bernkastel-Kues, der PS.Speicher oder das – bisher an Platz 2 meiner Liste stehende – Musée National de l’Automobile (besser als „Schlumpf-Sammlung“ bekannt) in Mulhouse (F). Man kann nicht einfach hinfahren, seinen Eintritt bezahlen und dann hineingehen. Die einzigartige Sammlung von Traugott und Christian Grundmann kann man nur sehen, wenn man als Gruppe einen Termin inklusive einer Führung vereinbaren kann. Das konnte die Oldtimer IG Osnabrück e.V. und so starteten wir mit einem Bus und knapp 50 Mitgliedern am 9. November 2024 morgens gen Hessisch Oldendorf.
Die Grundmann-Sammlung war nach dem Besuch des Louwman-Museums in Den Haag und dem Metropole Druten das dritte Ziel unserer gemeinsamen jährlichen Saisonabschlussfahrt. Einige der Fahrzeuge kannte ich bereits von meinen Besuchen der alle vier Jahre stattfindenden Uraltkäfertreffen, das von den Grundmanns in Hessisch-Oldendorf organisiert wird – das Mekka aller Freunde richtig alter Volkswagen wie Brezel- und Ovalkäfer, früher Karmann Ghia, T1-Busse und seltener Sonderkarosserien von Denzel, Drews, Dannenhauer & Staus, Hebmüller und Rometsch. Zu dieser einzigartigen Veranstaltung kommen jedes Mal Teilnehmer aus der ganzen Welt im beschauliche Weser-Städtchen zusammen.
Diesmal gab es nicht fast 1.000 historische Volkswagen zu sehen, sondern „nur“ rund 80 Fahrzeuge. Aber die haben es in sich. Ehrfurchtsvoll stand man vor einem der drei existierenden Prototypen VW 38 des Käfers – damals noch der von Ferdinand Porsche entwickelte „KdF-Wagen“ der Nazis – aus dem Jahr 1938. Dieser (die Nr. 6) war vor wenigen Jahren als „Ruine“ in Litauen aufgefunden worden. Als sie dies hörten, sorgten Christian und Traugott Grundmann dafür, dass das Fahrzeug wieder nach Deutschland kam. Hier restaurierten sie den Prototypen und fügten ihn ihrer spektakulären Sammlung bei. Die anderen beiden verbliebenen Prototypen besitzt Volkswagen.
Doch zunächst wurde nichts aus dem Bau des begehrten Volkswagens, auf den viele Deutsche damals sparten. Fünf Reichsmark sollten sie jede Woche ansparen, bis ihnen dann einer der 995 RM teure Wagen gehören sollte. Doch gebaut wurde er nicht, abgesehen von ein paar wenigen Fahrzeugen, denn die Nazis hatten den Zweiten Weltkrieg angezettelt. Auf Basis des KdF-Wagens entstanden nun Kübel- und Schwimmwagen für die Wehrmacht. Auch diese sucht man in der Sammlung nicht vergeblich und es gibt nicht nur einen der „normalen“ seltenen Kübelwagen zu sehen; nein, es ist ein Prototyp von 1939, der etwas größer ist als die späteren Serienfahrzeuge. Natürlich steht hier u.a. auch der erste und der letzte gebaute Kübelwagen. Ein interessantes Fahrzeug ist der wenigen KdF-Wagen, die in der damaligen „Stadt des KdF-Wagens“ bei Fallersleben gebaut wurde: Diese Limousine erhielt der drittgrößte Nazi seinerzeit, Robert Ley. Die Zeit des Kriegsverbrechers endete 1945 am Strick (er war per Suizid seiner Verurteilung zuvorgekommen), während das Automobil zum Glück erhalten blieb. Nach dem Krieg wurden - in der nun in Wolfsburg umbenannten Stadt - zivile Volkswagen gebaut, teilweise noch auf Fahrgestellen des Kübelwagens. Diese gingen an die Besatzungsmächte. Drei Fahrzeuge davon stehen in Hessisch Oldendorf. Noch nie gesehen hatte ich das rote Postfahrzeug auf Kübelwagenbasis.
Eine Halle zuvor hatten wir mit der Polizei zu tun. Ein T1-Bus und ein Brezelkäfer der Polizei München machten den Anfang verschiedener Polizeifahrzeuge. Es folgte ein Hebmüller-Cabrio, aber nicht der edle Zweisitzer, sondern ein viersitziges Polizeicabriolet – statt fester Blechtüren besaß es nur eine Kette oder Segeltuchplanen an der Seite. Dies sollte ein schnelles Aussteigen der Beamten ermöglichen. Nachdem das Hebmüllerwerk abgebrannt war, bauten Franz Papler (Köln) und Austro-Tatra (Wien) das Polizeicabriolet weiter, nun mit richtigen Türen aus Blech. Diese Varianten stehen – natürlich – auch in der Grundmann-Sammlung. Gegenüber den Polizeicabriolets stand auch eines der eleganten Zweisitzer-Cabriolets von Hebmüller. Das Fahrzeug davor besteht aktuell nur aus einer Karosserie – hier wird der Berlin-Rom-Wagen von 1938 aufgebaut. In Hessisch Oldendorf – wo sonst?
Es folgten ein für Rennen umgebauter Ovalkäfer, ein Formel-V-Rennwagen, ein kleines Flugzeug und ein ebenso kleiner Hubschrauber mit Käfermotor, ein Bundeswehr-, ein Post- und ein ADAC-Käfer. Weiter ging es mit drei wunderschönen Karmann Ghia Typ 14 und zwei Karmann Ghia Typ 34. Davon eine Ausfertigung als Cabrio, die Nr. 12 von 12 Prototypen. Dieses Cabrio wurde früher von der Familie Karmann gefahren. Wir bleiben bei Karmann, denn jetzt folgten zwei Käfer-Cabriolets: Das 1957er Cabrio, mit dem alles begann und bei Traugott Grundmann seine Leidenschaft für historische Volkswagen weckte, und ein 1949er Cabriolet, eines der ältesten Käfer-Cabriolets überhaupt.
Dann kamen die VW Bullis der 1. Generation, die Volkswagen Typ 2 T1. Strahlenmessfahrzeug, Krankentransport, Hochdachverkaufswagen, Sambabus oder Westfalia-Camper – alles vorhanden. Was mir fehlte, war ein Kastenwagen, ein Pritschenwagen oder ein Doka – aber die stehen bestimmt aus Platzgründen noch irgendwo anders, denn diese Halle ist rappelvoll. Schon auf den ersten Blick sah man einen T1, der irgendwie anders aussah als die anderen T1. Es war ein Bus, der in der DDR gebaut wurde und wie eine schlechte Kopie des originalen T1 wirkte. Auf dem Fahrgestell eines Kübelwagens hatte 1951 ein kundiger Bastler aus der DDR eine Vollholz(!)karosserie mit neun Sitzplätzen gebaut und zugelassen bekommen. Natürlich steht dieses Einzelstück bei Traugott und Christian Grundmann. Wo sonst? Passend zu den Fahrzeugen gab es die eine oder andere Polizeiuniform, eine Polizei-/Feuerwehr-Notrufsäule, alte Radios,… zu sehen.
Zurück zur Halle mit den Fahrzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg. Dieser war zum Glück irgendwann zu Ende und die Schreckensherrschaft der Nazis auch. Im Volkswagenwerk wurde repariert und es wurden, wie schon erwähnt, die ersten zivilen Fahrzeuge für die Besatzungsmächte gebaut. Weder der US-Konzern Ford noch die britische Automobilindustrie wollten das Werk und schon gar nicht dieses merkwürdige Auto haben. Dem gaben sie keine Zukunft. Bald darauf übergaben die Briten das Werk an die Deutschen und nun startete eine Erfolgsgeschichte, die wohl einmalig ist. Bis 1953 wurde der Brezelkäfer gebaut, dann folgte der Ovalkäfer bis 1957. Mehrere Exemplare waren hier zu sehen, zusammen mit einer alten ARAL-Tankstelle. Auch das älteste existierende Hebmüller-Cabriolet war zu sehen. Zum Schluss folgten zwei mehr oder weniger Neuwagen. Zum einen der 1303 Käfer von Götz George („Schimanski“) mit dem originalen Fahrzeugbrief, zum anderen ein Exemplar eines der letzten Käfer aus der Serie „Última Edición“, die zum Abschluss gebaut wurde. Traugott Grundmann bekam übrigens keines dieser Fahrzeuge von VW. Aber heute steht ein Exemplar aus dieser 2004 gebauten Serie von 3.000 Exemplaren in der Sammlung in Hessisch Oldendorf.
Es war wirklich beeindruckend, nicht nur für die VW-Liebhaber unter den mitgereisten Mitgliedern der Oldtimer IG. Aber das war es noch lange nicht. Durch das wunderschön eingerichtete und dekorierte Café Bach ging es nach draußen und von dort in die nächste Halle. Hier standen „nur“ sieben Fahrzeuge, wundervoll präsentiert. Wir waren im weltweit einzigen Rometsch-Museum und nirgendwo bekommt man derart viele Fahrzeuge des seltenen Fahrzeugs zusehen – wenn man überhaupt mal eins zu sehen bekommt. Okay, alle vier Jahre beim Uraltkäfertreffen in Hessisch Oldendorf sind immer zwei, drei zu bestaunen. In dieser Halle stehen nicht nur vier Modelle des Rometsch „Beeskow“ (1951-1956. benannt nach Johannes Beeskow, der das wunderschöne Fahrzeug entwickelt und gezeichnet hatte) und zwei des Rometsch Lawrence (1957-1961, benannt nach dem Möbelgestalter Bert Lawrence, der den Wagen einst zeichnete). Am Ende stand ein Brezelkäfer – aber kein normaler. Es handelte sich um eines der seltenen Taxis, bei denen Johannes Beeskow das Fahrzeug um 27 cm verlängerte und mit zwei zusätzlichen Türen versah. Im Jahr 2000 wurden die Rometsch-Hallen geräumt. Nun steht das originale Büro von Friedrich Rometsch, sein Zeichenbrett und vieles mehr in dieser Halle.
Das war es aber noch immer nicht. Durch eine Tür gelangten wir in die letzte Halle. Nun schlugen die Herzen aller Porsche-Fans höher (ist ja auch nur ein schneller, flacher Käfer). Unter der Haube schlug bei allen Fahrzeugen der Vierzylinder-Boxermotor, was danach folgte, ist eh nicht mehr so interessant (das war ein Scherz, liebe 911-Freunde!). 356 Pre-A, Knickscheibe, 356 Speedster, 356 B Carrera 2, 914/4, 912 und 912 targa (bei Karmann in Osnabrück gebaut!) repräsentierten die schönsten Stuttgarter Sportwagen. Aber nicht alles in dieser Halle war Porsche. Auf VW bauten damals auch Dannenhauer & Stauss oder Denzel sportliche Karosserien, in der DDR entstanden ein dem 356 ähnelnder Sportwagen und ein Monoposto-Rennwagen auf 356-Basis und am Kopf der Halle parkte unter dem Porsche-Logo ein brasilianischer Volkswagen – ein sportlich aussehender VW SP 2. Wirklich sportlich war er mit seinem kleinen Motor nicht. In Brasilien wurde aus dem „SP“ folgerichtig auch „Sem Potȇncia“ („wenig Leistung“) gemacht.
Jedes einzelne Fahrzeug dieser Sammlung ist eine Rarität und ich kann mir vorstellen, dass Volkswagen Classic so manchen, wenn nicht alle, VW-Klassiker gerne auch bei sich hätte. Christian und Traugott Grundmann haben eine einzigartige Sammlung zusammengetragen. Aber sie leihen gerne mal das eine oder andere Fahrzeug für Sonderausstellungen in Wolfsburg oder Stuttgart aus. Jedes einzelne Fahrzeug hier vorzustellen, ist nicht möglich. Wenn ich all das, was Traugott Grundmann zu jedem einzelnen Fahrzeug erzählt hat, mir hätte merken können, hätte der Bericht vermutlich eine Länge, die für ein ganzes Buch reichen würde. Vielleicht schreiben er und sein Sohn Christian ja mal ein Buch über seine VW-Leidenschaft und die Geschichte der Autos seiner Sammlung. Für den Fall, dass er es noch macht – ich bestelle hiermit schon eins vor!
Ich habe es genossen, endlich die Grundmann-Sammlung sehen zu können. Wenn man sich vorstellt, dass die Fahrzeuge nach Feierabend und am Wochenende restauriert wurde, weil tagsüber ja der eigene Dachdeckerbetrieb im Vordergrund stand – Respekt!!! Was ich sehr schön fand, dass er zu Beginn der Führung darauf hinwies, dass in der Halle mit den Wehrmachtsfahrzeugen auch NS-Symbole zu sehen seien und wer diese Symbole aus durchaus verständlichen Gründen nicht sehen wolle, sollte diesen Bereich meiden. Er darf diese Symbole aufgrund der zeitgeschichtlichen Bedeutung zeigen, betonte aber auch, dass rechte, die Nazis glorifizierende Zeitgenossen nichts in seiner Sammlung zu suchen haben. Er schaue sich vorher an, wer seine Sammlung sehen möchte. Sehr sympathisch, aber das ist Traugott Grundmann ohnehin. Ich hätte ihm noch stundenlang zuhören können.
Welche Fahrzeuge waren nun meine persönlichen Highlights? Grundsätzlich alle Fahrzeuge. Ganz besonders ist natürlich der Prototyp des KdF-Wagens aus dem Jahr 1938. Ein absoluter Traum für jeden Freund klassischer Volkswagen. Die Rometsch, der Knickscheiben-Porsche, der T1-Westfalia-Camper, der einzige Herbie, der bei allen vier Filmen der Reihe mitgespielt hat, die Polizei-Cabriolets, die Karosserie des Berlin-Rom-Wagens – nein, eigentlich ist jedes Fahrzeug aus der Sammlung ein Highlight.
Und nun freue ich mich wieder auf das Wochenende 25.-28. Juni 2026 – dann findet das 9. Uraltkäfertreffen in Hessisch Oldendorf statt.
...und hier geht es zu den Fotos aus der Grundmann-Sammlung.